Donnerstag, Februar 02, 2006

Halbe Treppe

Ameisen und Kakerlaken-Leiche haben sich in Luft aufgeloest. Gemeinsam sind sie im Gemaeuer des Hotels verschwunden. Ist auch besser so, jedenfalls fuer uns. Gegen 9 Uhr packen wir unsere Multimedia-Abteilung zusammen und machen uns auf zum Tempel. Der liegt auf einem Berg, und eine verdammt lange Treppe fuehrt hinauf. Schon auf dem Weg dorthin begegnen uns viele Pilger in orangen Gewaendern.
Viele haben sich die Koepfe kahl geschoren und die Kopfhaut mit gelber Farbe eingepinselt. So ziehen sie teils in laermenden Gruppen, teils allein die Treppen hoch. Gut, dass es noch so frueh ist und die Sonnen nicht so brennt. Sonst waere die Sache wohl noch anstrengender, als sie ohnehin schon ist. Diese Schwitzerei aber auch immer, furchtbar! Ich haette nichts gegen ne Runde Regenwetter, aber das ist ja hier erstmal fuer Monate vorbei.
Oben auf dem Berg entdecken wir dann auch die Seilbahn. Guter Zeitpunkt. Aber wir wollten ja ohnehin voll authentisch sein und die Annehmlichkeiten des Lebens von uns weisen. Schliesslich sind wir ja in Indien und nicht im Wildpark Schwarze Berge. Trotzdem muss oben erstmal gefuttert werden. Alle anderen Gaeste bedienen sich selbst, aber uns traut man das nicht so ganz zu. So hilft man uns freundlicherweise. Die Freundlichkeit der Menschen hier ist einfach nicht zu ueberbieten. Man muss nur nett laecheln, dann hat man schon gewonnen. Die meisten lassen sich auch ausgesprochen gern fotografieren. Wenn man ihnen dann auch noch das Ergebnis auf der Digitalknipse gleich zeigen kann, hat man auf jeden Fall gewonnen. Im Tempel selber sollte man sich allerdings zurueckhalten. Gut, dass wir das entsprechende Hinweisschild erst so spaet entdecken. So langsam fuellt es sich dort oben. Immer mehr Gruppen kommen nach. Nachdem wir den Tempel besichtigt haben, steigen wir wieder ab, und inzwischen hat der Massenandrang auch schon begonnen. Mit lautem Getrommel taumeln die Menschen die Treppen hoch. Einige scheinen schon ganz verzueckt und in Trance zu sein. Das ist schon ein wenig eindrucksvoller als ein christlicher Umzug zur naechstbesten Marienstatue....

Ab geht's wieder ins Hotel, schliesslich wollen wir heute noch weiter nach Madurai. Lange warten muessen wir nicht, die Busse fahren alle 15 Minuten ab. Gut drei Stunden fahren wir, von der Gebirgslandschaft des Urwaldgebietes ist nichts mehr zu spueren. Nur ganz entfernt am Horizont lassen sich die West-Ghats noch erahnen. Hier ist jetzt alles ganz flach. Fast schleswig-holsteinisch, nur mit Palmen :)

Neben uns sitzt ein Herr im feinen Hemd, er spricht leider nur wenig Englisch. Das haelt ihn aber nicht davon ab, sich mit uns ueber die Weltpolitik im Allgemeinen zu unterhalten. Auf seiner Visitenkarte steht eine Organisation, darunter sein Titel: State President. Na ja, da haben wir wohl irgendwie den Staatspraesidenten auf der Rueckbank getroffen. Solche Konversationen sind schon manchmal etwas anstrengend, zumal wenn sie laenger dauern. Gluecklicherweise hat der Staatspraesident seine Amtsgeschaefte heute weit vor Madurai zu erledigen, so bekommt der in ohrenbetaeubender Lautstaerke vor sich hin plaerrende Fernseher im Bus wieder unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Eine Bollywood-Komoedie voll von uebelstem Klamauk bringt unsere Hirne fast zum Platzen. Es scheint so eine Art Mischung aus Bud Spencer und Peter Alexander-Film zu sein. Schoen, das wir ihn nicht ganz bis zum bitteren Ende ertragen muessen, denn wir sind zeitig in Madurai.

Im Hotel suchen sind wir schon eingespielt. Wir entscheiden uns heute mal fuer Luxus, mit Air-Condition und warmem Wasser. Fette 420 Rupien die Nacht, etwa 8 Euro. Aber nach dem Urwald goennen wir es uns einfach mal. Wir wollen hier ein paar Tage bleiben, auch weil ich mir hier zwei Anzuege schneidern lassen moechte. Das dauert eben seine Zeit.Unser Hotel ist huebsch, von der Dachterasse hat man einen tollen Blick auf die grosse Tempelanlage. Der Temple besteht aus mehreren grossen Tuermen und einem weitlaeufigen Innenhof. Sehr beeindruckend, da werden wir morgen mal hin.

Aber erstmal bleibt es beim Blick, denn wir wollen einen Schneider finden. Die ersten Leute, die uns auf der Strasse darauf ansprechen, lassen wir allerdings stehen, die wollen nur Vermittlungsgebuehren kassieren. Das kennen wir schon. Da gehen wir doch lieber direkt in einen Shop. Es ist ein wenig anders als in Vietnam. Man geht in einen Laden, der mit Stoffen handelt, und dort holen sie dann einen Schneider, der den Stoff verarbeitet. Der Schneider ist ein hagerer Typ mit grosser Brille, flugs zueckt er sein Massband und notiert sich meine Traummasse (hmm...hier macht sich das fehlende SZ dann doch mal negativ bemerkbar). Bis Samstag wird er wohl brauchen, eigentlich waeren wir gern schon am Freitag weiter gefahren. Aber na ja, bevor er die Naehte mit Uhu verklebt, warte ich lieber etwas laenger.

Nach der Sitzung wandern wir noch ein wenig durch die Stadt, versuchen erfolglos mit Hilfe des Reisefuehrers die Tourist Information zu finden. Natuerlich ist das Ding auch diesmal wieder nutzlos. Trotzdem finden wir die Info, viel helfen kann man uns dort aber nicht. Erstaunlich, dass so wenige Unternehmen hier Fahrten in die Umgebung anbieten. Man muss schon sehr danach suchen. Anschliessend machen wir eine Pause im "Ruby", laut Reisefuehrer ein Traveller-Treffpunkt, in dem man sich "bis 24 Uhr das Bier schmecken lassen kann". Wir sind die einzigen Gaeste und auf der Speisekarte steht: "Alcohol is strictly prohibited". Das Essen ist trotzdem gut, der Service freundlich. Das mit dem Bier sei nur aufgrund von neuen Gesetzen so schwierig und bestimmt in einigen Monaten wieder erledigt. Hmm. So trollen wir uns nach einer Weile, denn die Moskitos beginnen zu beissen. Im Internet-Cafe fassen wir unsere Erlebnisse zusammen und steuern dann die Dachterasse unseres Hotels an. Mit einem Hollaender, einer Chinesen und zwei Ruhrpott-Kollegen schwaetzen wir in die Nacht hinein und bekommen dort auch tatsaechlich mal ein Bier. Geschmacklich eine sechs. Ich glaube, ich gebe das mit dem Bier hier auf. Man bekommt sofort Kopfschmerzen davon. Besonders das Kingfisher ist unertraeglich. Jammer, jammer. Jedenfalls: Wir kommen mal verhaeltnismaessig spaet ins Bett, die Nacht ist angenehm, denn die Aircondition laeuft auf Vollast....

3 Comments:

At 9:40 PM, Anonymous Anonym said...

Lieber Bruder Kuchel!
An dieser Stelle auch mal ausdrückliche Grüsse an Dich. Wir kennen uns ja nur flüchtig.Ich war die, die einst mit Deiner Schwester blutjung und unter Einfluss von was weiss ich vor Deinem Kieler Aquarium saß und den Fischen demonstriert hat was ein Toastbrotelch ist... Wie auch immer, Deine Reiseberichte versetzen mich stets in Verzückung und bringen via analogen-Lahmarschanschluß etwas tropische Sonne in mein graues Kreuzbergerhinterhofdasein. Auch beruhigend zu wissen, daß Du Dich bereit erklärt hast,notfalls als Angetrauter meines heissgeliebten Kakkus aufzutreten, falls indische Oberlippenbärte gar zu zudringlich werden. Aber wie ich den bisherigen Berichten entnahm, ist ihre Natur bislang zwar zuvorkommend doch weit entfernt vom Heiratsschwindel.Schön.
Also, liebe Grüsse und weiterhin guten Appetit,
Sri Baba Kollsen

 
At 11:49 PM, Anonymous Anonym said...

Neues aus C350:
Heute war ein ausgesprochen schöner Tag. Hatte sehr viel Besuch und habe auch mächtig Drogen verkauft. Also alles Bubu in der Zelle. Morgen kommt ja auch Don Alfredo wieder, dann können wir uns sinnig ins Wochenende quatschen.
Ach so, was ich noch sagen wollte: Das mit dem Tempel und dem Räucherzeugs hat überhaupt nicht geklappt. Die Mädels haben mal wieder voll fett verloren. Falls ihr da noch andere mystische Kräfte auftreiben könnt, immer her damit. Kann doch nicht sein, das die Catrin in ihrer vielleicht letzten Saison absteigt.
So muß aufhören, gleich ist Einschluss und das Licht wird abgestellt. Alle geheimen Infos habe ich dir Mail zugeschickt,
Thomas

 
At 11:50 PM, Anonymous Anonym said...

Neues aus C350:
Heute war ein ausgesprochen schöner Tag. Hatte sehr viel Besuch und habe auch mächtig Drogen verkauft. Also alles Bubu in der Zelle. Morgen kommt ja auch Don Alfredo wieder, dann können wir uns sinnig ins Wochenende quatschen.
Ach so, was ich noch sagen wollte: Das mit dem Tempel und dem Räucherzeugs hat überhaupt nicht geklappt. Die Mädels haben mal wieder voll fett verloren. Falls ihr da noch andere mystische Kräfte auftreiben könnt, immer her damit. Kann doch nicht sein, das die Catrin in ihrer vielleicht letzten Saison absteigt.
So muß aufhören, gleich ist Einschluss und das Licht wird abgestellt. Alle geheimen Infos habe ich dir Mail zugeschickt,
Thomas

 

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